Können Hülsenfrüchte vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen?
Vier Portionen Hülsenfrüchte pro Woche scheinen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu senken. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie von Mendes et al.* aus dem Jahr 2023. Gleichzeitig gilt bis zu dieser Menge: „Jede Portion zählt“, denn die Forschenden stellten erstmals eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Verzehr von Hülsenfrüchten und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen allgemein und koronarer Herzkrankheit fest.
Was wurde untersucht?
Wie wirkt sich der Verzehr von Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen und Linsen in getrockneter oder frischer Form auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus? Um hierauf eine Antwort zu finden, identifizierte das Forscherteam nach einer Literaturrecherche von 22.831 Artikeln 26 große und gut vergleichbare Beobachtungsstudien mit Erwachsenen: 21 prospektive Kohortenstudien und fünf Fall-Kontroll-Studien. Damit führten sie ein Review und eine Meta-Analyse durch und untersuchten anhand jeweils sehr großer Kollektive die Endpunkte Herz-Kreislauf-Erkrankungen allgemein (HKE), koronare Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall.
Fast alle Studien erfassten die Verzehrshäufigkeit von Hülsenfrüchten mittels Ernährungsfragebögen (Food Frequency Questionnaires). Studien, die sich auf Sojabohnen fokussierten, wurden ausgeschlossen. Denn im Gegensatz zu Hülsenfrüchten allgemein gibt es für den speziellen Einfluss von Sojabohnen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits andere Reviews. Eingeschlossen waren hingegen Studien, bei denen Sojabohnen entweder expliziter Bestandteil der Kategorie Hülsenfrüchte waren oder es keine genauen Angaben zur Zusammensetzung dieser Lebensmittelgruppe gab.
Ergebnis: Hülsenfrüchte scheinen eine positive Wirkung zu haben
Im Review verglichen die Forschenden die Effekte der jeweils höchsten mit den niedrigsten Verzehrkategorien an Hülsenfrüchten. Beim Blick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen allgemein zeigte sich ein reduziertes Risiko um sechs Prozent bei einem höheren Verzehr von Hülsenfrüchten. Beim Endpunkt KHK hatten die Personen, die am meisten Hülsenfrüchte verzehrten, sogar ein um zehn Prozent reduziertes Risiko.
In der Meta-Analyse einer Teilmenge geeigneter Studien ermittelte das Team außerdem eine beeindruckende Dosis-Wirkungs-Beziehung: Pro zusätzliche Portion von 100 Gramm gekochter Hülsenfrüchte verringerte sich das KHK-Risiko um zehn Prozent. Bei vier Portionen, entsprechend 400 Gramm Hülsenfrüchten pro Woche war scheinbar ein Plateau erreicht mit einer Risiko-Reduktion um 21 Prozent.
Für den Endpunkt Schlaganfall fand weder der Review positive Effekte eines erhöhten Verzehrs von Hülsenfrüchten noch die Meta-Analyse eine Dosis-Wirkungs-Beziehung. Die Autorinnen und Autoren vermuten, dass die heterogenere Pathophysiologie des Schlaganfalls verglichen mit KHK hierfür verantwortlich ist. Außerdem gibt es bisher nur wenige Studien, die Schlaganfall separat betrachteten, und somit in diese Untersuchung Eingang fanden.
Günstiges Nährwertprofil von Bohnen, Erbsen und Linsen
Die Ergebnisse änderten sich nicht, wenn Studien aus der Analyse ausgeschlossen wurden, bei denen Soja in den Definitionskriterien für Hülsenfrüchte enthalten waren: Auch in diesem Fall konnten auf der einen Seite die vielversprechenden inversen Beziehungen zwischen dem Verzehr von Hülsenfrüchten und kardiovaskulären Erkrankungen allgemein bzw. koronarer Herzkrankheiten gezeigt werden. Auf der anderen Seite wurden hier bei Schlaganfall ebenfalls keine Effekte gefunden.
Darüber hinaus erlauben Review und Meta-Analyse keine konkreten Aussagen über die Effekte einzelner Arten wie Bohnen, Erbsen oder Linsen. Sie stützen aber den gegenwärtigen Forschungsstand, wonach alle Hülsenfrüchte dank ihres Gehaltes an Ballaststoffen, Proteinen, Mineralstoffen, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen sowie eines niedrigen glykämischen Index günstige Effekte auf Stoffwechselwege haben, die bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielen. Dazu gehören die Senkung von Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel sowie des Blutdrucks, ein geringer postprandialer Blutzuckeranstieg und Gewichtsabnahmen durch die hohe Sättigungswirkung.
Fazit und Empfehlung
Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen 125 Gramm Hülsenfrüchte pro Woche sind somit ein wichtiger erster Schritt für Menschen, die bisher gar keine oder deutlich weniger Bohnen, Erbsen und Linsen essen. Wer Hülsenfrüchte bereits fest im Speiseplan integriert hat, sollte diesen Weg weiter ausbauen und im Idealfall vier Portionen Hülsenfrüchte pro Woche essen. Diese könnten laut den Ergebnissen von Mendes et al. einen guten Beitrag zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und speziell der koronaren Herzkrankheit leisten. Welche Arten und Sorten dabei auf den Teller kommen, scheint vermutlich nebensächlich zu sein und darf jede und jeder nach den eigenen Vorlieben wie Geschmack und Verträglichkeit entscheiden.
* Vânia Mendes, Aikaterini Niforou, Maria I. Kasdagli, Ermolaos Ververis, Androniki Naska: Intake of legumes and cardiovascular disease: A systematic review and doseeresponse meta-analysis, Nutrition, Metabolism & Cardiovascular Diseases (2023) 33, 22–37